Zur Psychoanalyse der Entfremdung |
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Authors: | Dr med Carl Nedelmann |
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Institution: | (1) Hamburg;(2) Blumenau 92, 22089 Hamburg |
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Abstract: | Zusammenfassung Die Geschichte des Begriffes der Entfremdung in seiner modernen Form beginnt mit der Aufklärung. Die erste Definition, ohne den Begriff schon zu nennen, stammt von Schiller. Sie erschien 1795 in den Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen . Die Entwicklung des Begriffes ist insbesondere Marx und Lukács zu verdanken. Zu einem Grundbegriff der Soziologie und der Politologie avancierte Entfremdung in den 30er-Jahren des vorigen Jh. Nach einer Darstellung des Begriffes und seiner Geschichte wird der Versuch unternommen, die Entfremdung psychoanalytisch zu betrachten. Dabei haben sich zwei Konstruktionen als besonders brauchbar erwiesen, zum einen das falsche Selbst , das Winnicott, und zum andern die Anpassungsmechanismen , die Parin beschrieben hat. Die beiden Konstruktionen stehen in einem Ergänzungsverhältnis zueinander und haben eine große Reichweite. Sie erfassen die sublimierten, von Sitte und Anstand geprägten Umgangsformen ebenso wie die extremen Formen der Entfremdung, die Abgründe der Dehumanisierung, wie sie in der Folter, im Terrorismus, im Völkermord oder in der nuklearen Drohung erscheinen. Für beide Konstruktionen gilt Winnicotts Schlusssatz der Abhandlung zum falschen Selbst : Soweit ich sehen kann, erfordert es keine wesentliche Veränderung in der Basistheorie . Die Erörterung ist kulturtheoretisch, doch zielt sie auf eine Behandlungspraxis, in der die Analyse der aktuellen Lebensrealität mit ihren Einflüssen auf die Ich- und Überichstruktur ebenso Beachtung findet wie die Analyse der Übertragungsbeziehung und die Analyse der Lebensgeschichte.
On the psychoanalysis of alienation The history of the concept of alienation in its modern form begins with the enlightenment. The first definition—without using the term as such—is to be found in Schiller. It appeared in 1795 in the Letters about the aesthetic education of man . We owe the development of the concept to Marx and Lukács in particular. Alienation advanced to a basic concept in sociology and politology during the thirties of the last century. After the presentation of the concept and its history, the attempt is made to look at alienation from a psychoanalytical point of view. In this, two constructs have turned out to be particularly useful, namely the false self described by Winnicott on the one hand, and on the other the mechanisms of adaptation described by Parin. These two constructs have a complementary relationship and a wide range. They encompass the sublimated forms of behaviour which are prompted by manners and customs as well as the extreme forms of alienation, the abysses of dehumanisation, as they show themselves in torture, terrorism, genocide or in the nuclear threat. Winnicott s sentence which concludes his paper on the false self applies to both constructs: As far as I can see it involves no important change in basic theory. The topic is discussed here from the point of view of cultural theory but it is aimed at a clinical practice in which the analysis of the actual life situation with its influence on the structures of the ego and superego is as much taken into account as the analysis of the transference relationship and the analysis of the life history.
Paul Parin gewidmet. Überarbeitete und erweiterte Fassung eines Vortrags auf der 55. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) am 5. November 2004 in Berlin unter dem Titel: Psychoanalyse der Dehumanisierung , erschienen in: Anne Springer, Alf Gerlach, Anne-Marie Schlösser (Hrsg) Macht und Ohnmacht. Psychosozial-Verlag, Gießen, 2005. Ich danke dem Verlag für die Überlassung des Copyrights. Ich danke Yigal Blumenberg für Kritik und Anregung. |
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